Buchmacher passen Wettquoten an Erwartungen der Öffentlichkeit an


Leser des Blogs stellen häufig die Frage, was im Value Kalkulator die H2H History zu suchen hat.

Es widerspricht der Emotion und dem Herzen eines Wettfreundes, dass Ergebnisse von Spielen der letzten 10 Jahre bei der Vorhersage des nächsten Spieles irgendeine Bedeutung haben könnten.

In der Luft hängende Businessfrau umklammert TaschenrechnerFoto: Sergey Novikov (Shutterstock)

Grundsätzlich gesprochen ist dieser Gedankengang nicht völlig unkorrekt. Ein Spiel, welches beispielsweise vor 6 Jahren gespielt wurde, kann keinen Einfluss auf das Ergebnis eines kommenden Spiels haben. Aber darum geht es ja überhaupt nicht beim Wetten!

Um Erfolg beim Wetten zu verzeichnen, muss sich der Spieler nicht nur Gedanken um den Preis einer Wette (Wettquoten) machen. Beim Wetten geht es um Verteilungen; diese sind verantwortlich, ob man mit Wetten langfristig gewinnt oder verliert.

Der Sportwetter sollte sich stets und ohne Ausnahme die Frage stellen, ob die im Markt abgebotene Wettquote einen Value hält oder nicht. Jede Wettentscheidung muss auf der erwarteten Wahrscheinlichkeit basieren, nicht auf irgendwelchem Bauchgefühl, persönlichen Einschätzungen oder Hoffnungen. Folgend ein Beispiel…

Heart of Midlothian gegen Aberdeen am 24.8.2013 – Schottische Premier League

Die Kalkulation des Spiels Hearts gegen Aberdeen ergab für Hearts eine 54%-ige Chance das Spiel zu gewinnen, was sich in eine Wettquote von 1,85 umrechnete:

Hearts vs Aberdeen - Scottish Premier League match 24.8.2013 - True Odds Calculation 1x2

Hearts vs Aberdeen – Scottish Premier League match 24.8.2013 – True Odds Calculation 1×2

Klar, 54% stehen keinesfalls für einen garantierten Sieg von Hearts. Jedoch sind 54% eindeutig besser als die errechnete 26% Chance für einen Aberdeen Sieg und bedeutet für Hearts eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit wie für Aberdeen, aus diesem Spiel als Sieger herauszugehen.

Diese statistische Erwartung widersprach jedoch ganz klar den emotionalen Erwartungen der Öffentlichkeit, denn die Sportpresse war voll mit Informationen, dass Hearts sich in ziemlichen finanziellen Schwierigkeiten befindet und jede Menge guter Spieler im Sommer verloren hat, während Aberdeen sich gerade in die andere Richtung entwickelt hatte und sein Comeback feierte.

Auch hatte Hearts letzte Saison [2012-13] an 10. Stelle in der Liga abgeschlossen, während Aberdeen es immerhin an 8. Stelle geschafft hatte.

Alles Informationen mit NULL statistischem Gehalt und irgendwelchem Wert für Berechnung von Wahrscheinlichkeiten und Wettquoten, jedoch von immenser Bedeutung für den Sportfreund bei Wettentscheidungen.

Buchmacher passen Wettquoten öffentlichen Erwartungen an!

Wir kommen jetzt zum Vorgehen der Buchmacher… Deren vorrangiges Ziel ist, ihre Bücher zu balanzieren und ein Portfolio zu haben, welches Woche für Woche einen Gewinn erzeugt.

Buchmacher konnten für Aberdeen keine Wettquote anbieten, welche auch nur annähernd die tatsächlich erwartete Chance wiedergegeben hätte. Die Sportwelt, welche zum Großteil aus Nichtstatistikern besteht, hätte es auf keinen Fall verstanden.

Und so haben die Buchmacher die Wahrscheinlichkeiten entsprechend der öffentlichen Erwartung einfach umgekehrt:

Hearts vs Aberdeen - True Probabilities - Scottish Premier League match 24.8.2013

Hearts vs Aberdeen - Bookmaker Probabilities - Scottish Premier League match 24.8.2013

Anstelle den wahren Wahrscheinlichkeiten zu folgen und für Hearts eine Wettquote im Bereich einer 54%-igen Wahrscheinlichkeit anzubieten, veröffentlichten Buchmacher eine Wettquote, welche eine 26%-ige Chance reflektierte.

Bei Aberdeen war es genau umgekehrt. Statt der reellen 26% Wahrscheinlichkeit, dass Aberdeen diese Spiel gewinnen würde (also nur einmal in 4 Begegnungen) gab es eine Wettquote für eine 45% Chance (einmal in 2 Begegnungen).

Das Spiel endete übrigens mit einem 2:1 Heimsieg für Hearts, und wer sich die H2H History der letzten 10 Jahre angeschaut hätte, hätte auf den ersten Blick erkannt, dass bei den Wettquoten etwas nicht i.O. war, denn Hearts pflegt 60% der Spiele gegen Aberdeen zu gewinnen, nicht nur 26%.

Ich hoffe, dass ich die oft gestellte Frage, was die H2H History im Value Kalkulator für Ligaspiele zu suchen hat, damit beantworten konnte.

Sicher auch lesenswert in diesem Zusammenhang… Es ist zwar eine Weile her und einer meiner ersten Artikel im Blog – aber da habe ich mal ein Wochenende im Februar 2011 genauer unter die Lupe genommen und die Verletzungs- und Verschwörungstheorien, welche als Erklärung für die beobachtete statistische Abweichung herhalten mussten.

Es ist nicht einfach, einen eingefleischten Fußballfan von der Rolle und Bedeutung von Statistik zu überzeugen 🙂


Last Update: 30 Januar 2014

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16 Responses to “Buchmacher passen Wettquoten an Erwartungen der Öffentlichkeit an”

  1. 13 Oktober 2013 at 12:50 pm #

    Letztlich mache ich nichts anderes, als das, was dieser Blog im Kern versucht: value finden.

    Das Ergebnis ist aber keinesfalls das Rezept zum Reichtum, sondern eine solide Basis, Portfolio Vorschläge, die manueller Selektion bedürfen.

    Der größte Vorteil ist, dass Daten benutzerfreundlich aufbereitet werden, quotenrecherchen hinfällig und Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, die nah an der Realität sind. Somit erspart man sich auf die lästige Basisarbeit und kann mehr Zeit für die Portfolio-Optimierung nutzen.

    Aus meiner Sicht macht Wetten erst dann Sinn, wenn man den Zeitbedarf minimieren kann. Wenn ich teilweise lese, wie viel Zeit Wetter investieren, relativiert das fuer mich den Ertrag so erheblich, dass es für als Nebenverdienst mehr als uninteressant wird.

  2. 12 Oktober 2013 at 8:44 pm #

    Hab dir ne Mail geschrieben Dennis 😉

  3. 12 Oktober 2013 at 11:51 am #

    Danke Witwe ich habe wirklich großes Interesse hört sich gut an

  4. 12 Oktober 2013 at 11:42 am #

    Hi, Ihr zwei könnt hier gern öffentlich diskutieren. Das Thema interessiert sicherlich viele Leute.

    Alternative… Dennis schick mir bitte eine Email (admin[at]soccerwidow[dot]com), dass ich Deine Email-Adresse an Alex weiterleiten darf.

  5. 12 Oktober 2013 at 11:38 am #

    Hi Alex, schreib mich einfach an.

    Gruß, Dennis

  6. 12 Oktober 2013 at 10:49 am #

    Hi, an deinem Programm. Wie kann man dich sonst kontaktieren? Möchte nicht öffentlich Email Adresse preisgeben.
    Melde dich bitte würde mir viel bedeuten

  7. 12 Oktober 2013 at 10:16 am #

    Hallo, an deiner Software =) Können wir vllt mal so darüber reden?
    Kontakt per mail? Weiss halt nicht wie ich das hier nun schreiben soll, dass es nicht jeder gleich sieht =)

    Hätte großes Interesse! Bitte nicht direkt abblocken =)

  8. 12 Oktober 2013 at 10:11 am #

    Hi Alex,

    woran genau bist Du interessiert?

    Gruß,
    Dennis

  9. 11 Oktober 2013 at 1:06 pm #

    Hi Dennis,

    magst du dich bitte mal mit mir in Verbindung setzen zwecks des Programmes?
    Ich kann bei meiner täglichen Recherche jede neue Quelle brauchen =)

    Würde mich sehr freuen von dir zu hören!

    Gruß
    Alex

  10. 18 September 2013 at 9:11 pm #

    Ich fühle mich in meiner Nische recht wohl. Wer sich dazu gesellen möchte, muss in der Lage sein, die Komplexität in ihrer gegebenen Form zu erfassen. Alles andere macht keinen Sinn. Wenn du Leuten anhand eines Bilderbuches erklärst, wie ein Flugzeug fliegt, wird niemals aus ihnen ein Pilot.

    Ich denke, dass ich eine andere Zielgruppe ansprechen möchte.

    Nichtsdestotrotz finde ich Deinen Blog eine absolute Bereicherung.

    MfG
    Dennis

  11. 18 September 2013 at 7:19 am #

    Hi Fussballwitwe,

    hier nun meine Antwort auf Dein Kommentar meinen Beitrag betreffend.

    Vorweg, um keinerlei Missverständnisse aufkommen zu lassen. Ich verfolge nicht das Ziel, einen Pickservice aufzubauen und Deinen Blog als Werbeplattform zu missbrauchen.

    Du schriebst mal in einem Deiner Beiträge über die Adaption des klassischen Portfolioansatzes im Bereich der Fussballwetten, um letztlich Risikominimierung mittels Diversifikation zu erreichen.

    Soweit so gut. Dies aufgegriffen und um die Komponente Profit-Maximierung ergänzt, stellte ich mir die Frage, wie lässt sich der Portfolio-Ansatz soweit auf die Spitze treiben, dass das Thema Fussballwette lediglich Mittel zum Zweck wird. Der Prozess der Portfoliogenerierung soll maximal abstrakt sein.
    Wie lassen sich vollautomatisierte Wett-Portfolios generieren, im Rahmen dessen sichergestellt, dass jede Wette Value enthält? Wie könnten diese Portfolio bestenfalls gleichmäßig über eine definierte Anzahl Buchmacher-Konten verteilt werden, ohne auf Value verzichten zu müssen?

    Ferner habe ich die These aufgestellt, dass spezifischen Wissen über die Materie Fussball nicht erforderlich ist. Oder genauer gesagt: die Besonderheiten der Ligen sind irrelevant. Alles folgt mathematischen Gesetzmäßigkeiten. Natürlich werden dadurch Wetten verloren, die mittels Expertenwissen gewonnen werden könnten.

    Das Ganze ist ein Ansatz der fundamental gegen die Kernidee der Sportwetten verstößt. Und genau deshalb ist es mir möglich, den Markt auf so effektive Weise zu schlagen.

    Das Ergebnis, nach 6-monatiger Entwicklungszeit, ist eine Access-Datenbank, 2500 Zeilen Programmcode, zahlreiche Optimierungsalgorithmen und eine Anwendung des Poisson-Regressionsmodells (vgl. Dixon & Coles) in Verbindung mit der Skellam-Verteilung.

    Das Ergebnis habe ich anhand 15 prominenter Europäischer Ligen auf Basis bester und durchschnittlicher Quoten simuliert bzw. verifiziert.

    Warum schreibe ich das hier überhaupt? Ganz einfach: ich teile mich gerne mit.

    Um auf Deine Frage zurück zu kommen. Gerne würde ich einen Beitrag zu Deinem Blog leisten. Da jedoch ohne jegweder Programmierkenntnisse eine Nachahmung praktisch unmöglich ist, bin ich mir noch nicht sicher, welchen Nutzen Deine Leser aus meinen Beiträgen ziehen könnten.

    Beispiel:

    Den Aufbau einer Access-Datenbank für Liga-Informationen ist trivial. Entscheidend ist aber die automatisierte Befüllung mit bevorstehenden Spielen, das Aktualisieren von Ergebnissen, das Einfügen der Quoten

    Zu verstehen, wie eine komplexe Poisson-Regression funktioniert, ist nice to have, aber brotlos, wenn ich keine ALgorithmen programmieren kann, die die Regression praktisch durchführt und darauf basierend pseudo-exakte Wahrscheinlichkeiten kalkuliert.

    Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich freuen.

    MfG
    Dennis

    • 18 September 2013 at 11:41 am #

      Hi Dennis,

      Du klingst, als ob Du mit Begriffen wie ‘Access-Datenbank’, ‘Optimierungsalgorithmen’, ‘Poisson-Regressionsmodell’ und ‘Skellam-Verteilung’ etwas anzufangen weißt. Damit bewegst Du Dich auf einer Ebene, wo viele Fußballwettfreunde nicht mehr mitdenken, geschweige denn mitreden können.

      Ist Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung für viele eine Fremdsprache, dann sind es Programmierkenntnisse erst recht. Dies ist nicht gerade weitverbreitetes Allgemeinwissen.

      Wenn Du Dich in der Lage siehst, in einfach verständlicher Form zu erklären, beispielsweise was eine Wahrscheinlichkeitsverteilung ist, oder was man unter Clustergruppen versteht, würden mich Artikel für den Blog enorm interessieren.

      Enorm wichtig ist jedoch, dass Leser, die mit Mühe und Not Schulmathestunden überstanden haben, eine Chance haben, den Inhalt nicht nur zu verstehen, sondern daran auch noch Spaß haben.

      Einfache Texte. Viele Beispielberechnungen. Bilder. An einem Thema dranbleiben, und wenn es viel zu sagen gibt, dann auf zahlreiche, getrennte Texte verteilen.

  12. 17 September 2013 at 8:15 pm #

    Hi Fussballwitwe,

    ich habe eine Software entwickelt, die mittels Optimierungsalgorithmen, basierend auf dem Konzept zeitabhängifer, multikriterieller Poissonregression, Wahrscheinlichkeiten für ca 35 Ligen weltweit berechnet. Immer für die kommenden Spiele.

    Diese werden in eine Datenbank eingetragen. Parallel vergleicht das Programm meine Quoten mit denen ca 50 verschiedener Buchmacher. Unter Berücksichtigung einer gleichmäßigen Verteilung sowie Ausnutzen bester Quoten wird voll-automatisch eine „valuebetlist“ generiert.

    Meine Prognosequalität beträgt ca. 56%, die durchschnittliche Wahrscheinlickeit 54% und der gemittelte Vorteil 1,2x. Dies resultiert in einer durschn. Yield-Rate von 20%.
    Das Jeweilige Portfolio besteht aus Spielen ca 25 performanter Ligen.

    Bei Misstrauen kann ich gerne eine Simulation der letzten 2 Jahre, basierend auf realen quoten, bereitstellen.

    Will sagen: es funktioniert schon. Das erforderliche Wissen dafür ist jedoch sehr speziell.

    MfG
    D.

    • 18 September 2013 at 6:33 am #

      Hi Dennis,

      Wir sind immer an neuen Autoren und auch Produkten interessiert. Jedoch eine wichtige Sache im voraus gesagt… diese Webseite ist kein Pickservice und wir haben auch nicht vor, uns dahin zu entwickeln und Picks oder Wettsysteme anzubieten. Fussballwitwe.com ist eine lehrreiche Bereicherung der Wettwelt, aber kein Tipsterservice.

      Falls Du natürlich Artikel oder Kurse schreiben möchtest zur Vorgehensweise, wie man eine Datenbank aufbaut, oder was eine Poissonverteilung ist und wie man diese für Fußballprognosen anwenden kann, dann würde ich mich sehr freuen von Dir zu hören: admin[at]soccerwidow[dot]com

  13. 13 September 2013 at 11:45 am #

    Hallo Fußballwitwe,

    vielen Dank für diesen interessanten Standpunkt. Das mit der H2H-Statistik habe ich verstanden, und auch die Abweichungen der Buchmacher.

    Wenn es so einfach wäre, dann könnte man ja alle statistischen Werte automatisiert berechnen und dann einen Value-Abgleich machen und solche „fetten“ Quoten mitnehmen, weil diese nicht der „wahren“ Quote entsprechen. Aber auch hier macht man langfristig keinen Gewinn.

    Wie werden also die nicht-mathematischen, weichen Faktoren Deiner Meinung nach gewichtet?

    Beste Grüße

    • 13 September 2013 at 5:55 pm #

      Wenn es möglich wäre, mathematisch basierte automatisierte Algorithmen für’s Wetten zu entwickeln, welche man dann nur noch in Computersprache übersetzen muss, wäre der Job der Odds Compiler schon lange ausgestorben, Wettbüros pleite, und die Forbeslist der reichsten Leute würde etliche studierte Statistiker und Programmierer enthalten.

      Diese eierlegende Wollmilchsau existiert leider nicht.

      Es gibt verdammt viele Leute, die Ökonomie studieren, aber das heißt noch lange nicht, dass sie alle in der Lage sind, Unternehmen aufzubauen und damit ordentlich Geld zu verdienen. Eine Automechanikerlehre bedeutet nicht zwangsweise, dass derjenige eine Automobilmarke erfolgreich entwickeln kann.

      Wettquotenkalkulation lernen und verstehen ist die Basis; der nächste Schritt ist ein erfolgsversprechendes und gewinnbringendes Businesskonzept.

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