Der Ruin des Spielers – Wetten ohne Value


Eines der Phänomene der Wahrscheinlichkeit ist das Theorem des „Ruins des Spielers(engl. gamblers ruin).

Die häufigste Bedeutung ist, dass ein Spieler mit begrenztem Reichtum, vorausgesetzt, es ist ein faires Spiel (in Wettsprache übersetzt: die Wettquoten repräsentieren genau die Eintrittswahrscheinlichkeiten, ohne irgendeinen Vorteil für eine der beiden Seiten), schließlich pleite geht, gegen einen Gegner mit unbegrenztem Reichtum.

Mit anderen Worten, „Ruin des Spielers“ heißt, dass, wenn man lange genug spielt, der ärmere der beiden Spieler letztendlich in Konkurs schlittert und das Spiel beenden muss.

Frau hält Banknoten an ihr Gesicht mit Taschenrechner und Rechnungen im HintergrundCollage aus Shutterstock Fotos – Vordergrund: wacpan, Hintergrund: Lisa S.

Spielen gegen die Buchmacher- und Casinowelt

Mal davon abgesehen, dass die meisten Spieler die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten eines Spielausgangs gar nicht berechnen können und damit der bessere mathematische Verstand (d.h. der Buchmacher) die Nase vorn hat, ist es eine knallharte Wahrheit, dass der Spieler mit weniger Geld, unweigerlich eine Zeit erreichen wird, wenn er einfach nicht mehr weiterspielen kann, selbst mit fairen Wettquoten. Dass Buchmacher und Casinos mehr Geld haben als der einzelne Spieler, sollte jedem klar sein.

„Lange genug“ kann eine sehr lange Zeit sein. Es kommt darauf auf, mit wieviel Geld der Spieler beginnt, wie oft er wettet, und die Chancen des Spiels. Jedoch selbst mit besten Gewinnchancen geht der Spieler mit der geringeren Bank als der andere, höchstwahrscheinlich schließlich in Konkurs. Jedoch kann dies eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

Die Welt der Sportwetten

Beim „Ruin des Spielers“ geht es um ein „faires Spiel“, d.h. keine der Wetten hat einen Value, weder für den Spieler noch für den Gegenspieler. Dass in der Praxis die Buchmacher Wetten mit mit einem Overround zu ihren Gunsten anbieten, führt den Ruin des Spielers natürlich viel schneller her.

Ich werde das Theorem am Beispiel des Münzwurfs erläutern, da es da jedem klar sein sollte, dass es nur Kopf oder Zahl geben kann, also die Chancen genau 50/50 stehen für eines der beiden Ergebnisse.

Wer lieber Fußball denkt, kann sich statt Münzen, Wetten auf Mehr/Weniger als 2,5 Tore vorstellen. Man wettet mit einem Freund, dass das kommende Spiel entweder mit mehr als 2 Toren, oder mit weniger als 3 Toren endet. Die EPL beispielsweise kommt ziemlich genau an die 50/50 Verteilung ran, d.h. statt Münzen zu werfen, nimmt man sich Spiele der EPL vor.

Fairer Münzwurf

Um das Dilemma des Ruins des Spielers ein wenig leichter zu verstehen, stelle man sich nun einen Münzwurf mit einem Freund/Freundin vor. Beide haben jeweils eine endliche Anzahl von Cent Münzen (n1 für sich und n2 für den Freund, oder Freundin).

Jeder Spieler wirft abwechselnd einen seiner Cents und mit einer 50% Wahrscheinlichkeit wird das Resultat der geworfenen Münze entweder Kopf oder Zahl sein. Ist es Kopf, gibt der Freund Ihnen einen seiner Cents und ist es Zahl, geben Sie Ihrem Freund einen Cent. Machen Sie sich mal den Spaß, spielen Sie das mal mit jemandem durch und spielen Sie so lange, bis einer von Ihnen keine Cents mehr hat.

Wird dieser Prozess lange genug wiederholt, ist die Wahrscheinlichkeit 100%, dass einer von Ihnen schließlich keine Cents mehr hat, da er alle verloren hat. Die Formel für’s Berechnen der Wahrscheinlichkeiten P1 und P2, welcher der beiden Spieler bei einer 50%igen Eintrittswahrscheinlichkeit (Münzwurf 50/50) eher als der andere mittellos sein wird, ist einfach:

Formel Ruin des Spielers 50/50 Chance

Um es etwas besser zu veranschaulichen, hier die obigen Gleichungen mit Zahlen:

Ruin des Spielers Beispiel 50-50 - gleiche Anzahl an Münzen

Im obigen Beispiel fangen beide Spieler mit der gleichen Menge an Cents (100 Stück) an. Am Ende des Spiels, hat entweder Spieler 1 oder sein Freund alle Cents, der andere ist mittellos. Die Wahrscheinlichkeit ist genau 50%, dass entweder Sie oder Ihr Freund gewinnen.

Nochmals anders ausgedrückt, nach einer unbekannten Anzahl von Münzwürfen, haben entweder Sie oder Ihr Freund alle Cents vor sich liegen. Am Start sind die Chancen gleich, und es ist unmöglich zu sagen, wer gewinnen wird.

Allerdings, wenn einer von Ihnen wesentlich mehr Cents hat als der andere, beispielsweise, Sie haben 100, und Ihr Freund 10.000, dann sinkt Ihre Chance die Cents im Spiel zu sich rüberzuholen (d.h. das Spiel für sich mit Ihren eigenen Cents plus denen Ihres Freunds zu beenden) auf eine 1% Wahrscheinlichkeit, während die Chancen Ihres Freundes von Anfang an bei 99% liegen, das Spiel zu gewinnen. Hier die Berechnung dieses ungleichen Spiels:

Ruin des Spielers Beispiel 50-50 - Spieler 2 Vorteil


Konkurswahrscheinlichkeit – Spielers Ruin

Um das Problem des Ruins des Spielers weiter zu visualisieren, hier ein Überblick über die Wahrscheinlichkeiten mit eine Menge N an Cents das Spiel zu beenden.

Spieler 1 beginnt mit 5 Cents, Spieler 2 hat eine unendliche Menge an Cents.

Die obere Reihe zeigt die Anzahl der Würfe. Die linke Spalte zeigt die aktuelle Menge an Geld für Spieler 1.Die Zahlen in der Tabelle sind Wahrscheinlichkeiten (klicken Sie auf das Bild, um es zu vergrößern, es öffnet in einem neuen Tab):

Ruin des Spielers - Entwicklung des Wahrscheinlichkeiten beim Start mit 5 Cent

Übersicht der Wahrscheinlichkeiten, das Spiel mit einer Menge N an Cents nach X Würfen zu beenden

Ein paar Beispiele zum Verstehen der Tabelle:

Nach dem ersten Wurf hat der Spieler 1 eine 50/50 Chance entweder mit 4 Cent (d.h. er hat den ersten Münzwurf verloren) oder mit 6 Cent (d.h. er hat den ersten Münzwurf gewonnen) auf seiner Seite zu beenden.

In 10,4% der Fälle wird Spieler 1 nach dem zehnten Wurf pleite (mittellos) sein. Das bedeutet, dass in jedem 10. Experiment dieser Art Spieler 1 gezwungen sein wird, nach dem 10. Münzwurf aufzugeben, da er von „Pech“ verfolgt wurde, während Spieler 2 „Glück“ hatte.

In 82,04% der Fälle wird das Spiel jedoch auch noch beim 15. Münzwurf zu Gange sein. Allerdings wird in 17,96% der Spiele Spieler 1 aufgrund ausgeschöpfter Mittel in Ruhestand getreten sein.

Natürlich, wird sich jetzt der eine oder andere sagen, Spieler 1 hat ja nur mit 5 Cent begonnen, und durch Einsetzen von 1 Cent bei jeder Wette riskiert er 20% seiner Anfangsbank bei jedem Münzwurf, was viel zu viel ist. Spieler 1 sollte mit einem viel größeren Stapel an Cents gestartet haben, und damit einen wesentlich kleineren Teil seiner Bank bei jedem Münzwurf riskieren.

Ich muss jedoch enttäuschen… Egal mit wievielen Cents Spieler 1 beginnt, irgendwann wird er pleite gehen, wenn auch nur sehr viel langsamer, denn Spieler 2 hat eine viel größere Menge an Cents. Es war nur zum Zwecke der Vereinfachung, dass ich die Berechnungen mit einer Anfangsbank von nur 5 Cent gezeigt habe.

Hier können Sie die obige Tabelle (Excel Format) herunterladen, sollten Sie mit verschiedenen Startguthaben experimentieren wollen:

Ruin des Spielers – Wahrscheinlichkeiten bei 5 CENTS Anfangsbank

Als Gegenleistung für all die viele Arbeit, die ich in diese Webseite reinstecke, würde es mich sehr freuen, wenn Sie diesen Artikel via Twitter, Facebook oder einem anderen Social Network teilen könnten.

Auf der nächsten Seite weitere Beispiele und tiefgehendere Simulationen und Erläuterungen…


Last Update: 15 April 2015

Kategorien:Fallbeispiele Glückspiel Wissen Verantwortlich Spielen



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